Der Markscheider galt in damaliger
Zeit als Treuhänder für die Interessenabgrenzung verschiedener
Bergbau treibender Grundstückseigentümer. Seine wesentliche
Aufgabe, die auch in der Berufsbezeichnung zum Ausdruck kommt, bestand
in der Übertragung der Eigentumsgrenzen von Über- nach Untertage
auf Treu und Glauben, wofür er einen Eid ablegen musste.
Bei der Durchführung dieser
Arbeiten erhielt er Kenntnis von der Lagerstätte und wurde deshalb
in dieser Eigenschaft oft beratend bei Entscheidungen zugezogen. In der
Entwicklung vom oberflächennahen zum tiefen Bergbau verlor der Markscheider
seine einflussreiche Stellung. Er sank zum Hohlraummesser ab, war zwar
freier Markscheider, handelte mit Grundstücken aus seiner bergbaulichen
Kenntnis heraus und galt damals als steinreich. Auf der Grube erschien
er nur, wenn er vom Betrieb angefordert wurde. Jene Zeit bedeutete den
Tiefstand markscheiderischer Tätigkeit.
Der Inhalt markscheiderischer Aufgabenstellungen
änderte sich wieder in dem Augenblick, als der Bergbau dazu überging,
einen eigenen Markscheider als Werksangehörigen einzustellen. Er
unterstützt bei der Erkundung neuer Lagerstätten die Geologen
mit physikalischen Methoden. Die von Markscheider Dr. Mintrop 1921 gegründete
Seismos G.m.b.H. konnte mit den von ihm entwickelten neuen seismischen
Verfahren die Auffindung von Salzdomen in Mexiko als durchschlagenden
Erfolg auf ihr Konto buchen. Dieser Nachweis bildete den Auftakt zu einem
neuen, selbständigen Wissenszweig, der Geophysik. Der Ascherslebener
Markscheider Hermann Poetsch erfand das Gefrierschachtverfahren. Die Auswertung
messtechnischer Feststellungen von Boden- und Gebirgsbewegungen wurde
Aufgabe des Markscheiders.
Schließlich bringen Hochgefühl
und Sorge über die Wege der neuen Technik Ortega y Gasset in seinen
Betrachtungen zu der Schlussfolgerung: "Die Erde ist zu einem Experimentierfeld
großen Ausmaßes geworden. Fortschritte in der Erkenntnis von
Naturgesetzen müssen von dem hohen Verantwortungsgefühl getragen
sein, dass der Einsatz der Mutigen unter uns nicht zu einem Danaergeschenk
an die Menschheit wird."
K. Neubert, Freiberg 1966
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